Warum Märtstiefel?

Warum die Unadinger Märtstiefel genannt werden?

Es war vor ca. 150 Jahren. Es gab weder Auto, noch Eisenbahn, noch elektrisches Licht, also in der sogenannten guten alten Zeit. Die einzigen Verkehrsmittel waren die Postkutsche, das eigene Fuhrwerk oder eben die eigenen Füße. Ein Fußmarsch von Unadingen nach Donaueschingen, also hin und zurück etwa 25 km war keine Seltenheit. Dies galt hauptsächlich an Markttagen, und da besonders an Martini, denn an Martini war damals der größte Vieh- und Krämermarkt in der Amtsstadt.

Wollte man nun auf dem Markt ein Stück Vieh verkaufen, so musste man sich frühzeitig auf die Socken machen, denn sonst war, wie man so schön sagte, „dä Märt verloffe“.

So stand vor vielen Jahren ein Unadinger Bauer, nenne wir ihn beim Vornamen“Märcks“ (Markus), frühmorgens um 4 Uhr im Stall und fütterte sein Vieh. Dabei machte er sich mit Striegel und Bürste an einer Kalbin zu schaffen, die er auf dem Markt gegen gutes Geld verkaufen wollte. Nachdem er sich mit einer Schüssel voll heißen Milch und einem Moggen (Ranke, großes Stück) Brot gestärkt hatte, nahm er Hut, Rucksack und Stegge (Stock), legte der Kalbin ein Seil um den Hals und marschierte nach Donaueschingen.

Auf dem Marktplatz angekommen, band er seine Kalbin an eine Stange und hoffte auf einen zahlungskräftigen Käufer. Bald schon sah Märcks einen entfernten Vetter aus dem Suuländle (Ostbaar), den er nach einer lauten Begrüßung für seine Kalben begeistern konnte, so dass nach einigem hin und her die Kalbin ihren Besitzer wechselte. Märcks lud seinen Vetter noch zu einem Bier und einer Wurst in den Ochsen ein, wo man sich gegen Abend noch treffen wollte. Nun ging Märcks auf den Krämermarkt, wo er sich für gutes Geld ein paar Stiefel kaufte. Seiner Frau wollte er auch eine Freude machen und kaufte für sie eine Guggele (Tüte) voll Magenbrot. Nun war es an der Zeit sich beim Ochsenwirt für den Heimweg zu stärken und aufzuwärmen. Der Vetter traf auch bald ein und man traf auch sonst noch so manchen Bekannten aus der näheren Umgebung. So blieb es nicht bei einem Glas Bier und einem Schnaps. Bald ging es fröhlich in der Gaststube zu und die nicht mehr ganz taufrische Magd gewährte den Männern freimütig manch tiefen Einblick in Ihre Herzensangelegenheit.

Zum Abschluss verspeisten beide noch ein Paar fette Bratwürste, tranken dazu noch ein Viertel neuen Wein.

Es war schon dunkel als sich die beiden, jeder in eine andere Richtung, auf den Heimweg machten. Entweder waren die Bratwürste zu fett oder der Wein zu wässerig. Jedenfalls spürte Märcks auf halben Weg ein Rumoren in seinem Bauch, so dass er sich die Hose aufknöpfte und sich zur Erleichterung hinter einem Baum setzte. Und hier ist es wahrscheinlich passiert. Hier hat er mit ziemlicher Sicherheit den rechten Stiefel und das Magenbrot verloren. Aber nichts ahnend und froh über die Erleichterung im Magen schritt er frohgelaunt der Heimat zu.. Seine Frau lag schon in tiefem Schlaf als er heimkam. Er legte sich so leise es eben ging  neben sie, und sank alsbald in den Schlaf des Gerechten. Am anderen Morgen, nach dem zmorgidesse (Frühstück) wollte er seiner Frau, die noch kein Wort mit ihm gesprochen hatte, das Krämli überreichen und voll Stolz seine Stiefel zeigen. Aber, o Schreck, es war nur ein Stiefel zu finden. Er machte sich schnell auf die Suche, aber Stiefel und Krämli blieben verschwunden. Zu Hause gab es ein Mords Hallo und sein Missgeschick blieb kein Geheimnis. Wenn Märcks nun auswärts etwas zu erledigen hatte rief seine Frau immer hinterher „Holisch hit wieder en Märtstiefel?“: Diese Geschichte wurde natürlich auch in den umliegenden Orten bekannt, und so wurden die Unadinger eben Märtstiefel genannt. Wollen aber Auswärtige einen Unadinger mit dem Zuruf „Märtstiffel“ oder heute nur noch „Stiffel“ ärgern, so kriegen sie als Antwort: „Lieber en Stiffel we en Schlabbe (Pantoffel)“.

Aus dieser Geschichte entstand die Fasnachtsfigur

                                               „Stiefelhansel“

Das Häs des Stiefelhansels ist gelb und blau.

Gelb gilt für die helle Hälfte des Tages und blau für die Heimkehr.

Ein Stiefel wird um die Schulter an einem Riemen getragen und dient gleichzeitig zur Aufnahme von Gutsele und anderen Krämli. Der zweite Stiefel ist an der Stirne der Larve befestigt, damit der verlorene Stiefel nie vergessen wird. Die Pelzstücke an beiden Seiten der Larve sind zum Verstopfen der Ohren, wenn der Partner gar zu sehr schimpft. Und die Schellen verhindern, dass sich der Stiefelhansel an Fasnacht unerkannt ins Bett schleicht.